Hier ein paar Eindrücke aus Ägypten, wie es hier so zu geht!


erst mal ein paar bildchen!


ahmed

compost

Montag, 13.04.09

Bin jetzt seit genau 3 Wochen hier in Ägypten und mittlerweile kann ich ein wenig behaupten mich eingelebt zu haben. Ja, ich muss zugeben, dass ich mir es schon anders vorgestellt habe. Nicht unbedingt besser oder schlechter, nur einfach anders. Ägypten ist doch Afrika und ich muss echt sau oft an Flo denken, als der so seine Geschichtchen aus dem Kongo geschrieben und erzählt hat. Diese hier herrschende Mentalität ist für mich einfach gewöhnungsbedürftig. Zum afrikanischen Einfluss kommt natürlich auch noch der arabische. Jeden Tag um 4h versucht mich der Muezzin aus der 1km entfernten Moschee zu überreden, doch einmal vorbei zu kommen und mit den anderen zu beten. Allah sei dank, hört er nach ca. 20 min wieder auf und lässt mich weiterschlafen.

So starte ich täglich in den Tag. Danach, also wenn ich richtig aufstehe, immer so gegen 6h geht es auch gleich zur Morgenrunde um 6.30h. Ich wusste schon vorher, dass die hier alles von Rudolf Steiner (Begründer von biologisch-dynamischer Landwirtschaft, Waldorfschule, Antroposphie und ...) beeinflusst ist, aber dass ich jeden Tag um halb sieben in der Früh mein Seelenheil mit den anderen Deutschen besprechen darf, wusste ich nicht. Ist aber eigentlich gar nicht so schlimm. OK, manchmal wird so daher philosophiert über alles Mögliche, dass ich einfach mal auf Durchzug schalte und mit offenen Augen vor mir hin döse. Teilweise sind es aber auch interesannte Themen. Es gibt schon ganz schöne Freaks hier, des muss man denen lassen. Der Gründer hier von Sekem ist auch jeden Tag dabei. Leider muss ich sagen, dass er so arrogant hier auftritt, dass man ihn aus seinem Buch nicht wieder erkennt. Ist mir aber eh wurscht, hab nämlich wenn dann nur mit seinem Sohn zu tun. Der ist hier so der Chef von allem. Bin jeden Sonntag bei seiner Familie nach dem Morgenkreis zum Frühstücken, davor muss bzw. sollte ich immer über die momentanen Ereignisse Bericht erstatten. Bis jetzt alles Top mit ihm soweit. Ich beanstande Dinge im Produktionsablauf, er veranlasst Meetings und pfeift die Leute zamm.

Zu meiner derzeitigen Arbeit:
War ja eigentlich nicht 100%ig so geplant, aber im Leben kommts ja eh immer anders als man denkt. Bin jetzt seit drei Wochen auf der Kompostanlage. Diese ist ungefähr 30ha groß und produziert jeden Monat ca. 4000t Kompost. Dieser hat verschiedene Eigenschaften, wenn man ihn auf die Erde aufbringt. Er enthält natürlich Nährstoffe und Spurenelemente, verleiht aber auch dem Boden bessere Eigenschaften, wie Wasserhaltefähigkeit und Durchlüftung.Was hier in Ägypten reges Interesse erweckt, da der Wasserverbrauch extrem hoch ist wie man sich vorstellen kann. Hier auf der Anlage haben Sie aber seit langem das Problem, dass der Stickstoffgehalt des fertigen Komposts zu niedrig ist. Sollte mindestens 1% haben, hat aber nur ½% oder noch weniger. So und da komm ich ins Spiel. Die Chefs hier und Tobias vermuten nämlich, dass dies alles nur managementbedingte Fehler sind. Also ich versuche den ganzen Laden mit ca. 25 Angestellten und Arbeitern zu durchschauen, zu verstehen und Fehler zu finden natürlich mit entsprechenden Lösungs- oder Verbesserungsansätzen. Hört sich für den einen mehr, für den anderen weniger spannend an, ich persönlich stehe bis dato auch so dazwischen. Will das ganze jetzt aber noch ein bisschen durchziehen, bis man Verbesserungen erkennen kann. Die größte Barriere hier natürlich ist die Sprache. Das Arabisch ist einfach irre schwer und dazu kommt noch, dass die hier wie ein D-Zug daher reden. Vereinzelte Worte kann ich aber mittlerweile schon rauspicken und mir so meine eigene Geschichte zusammenreimen was mir der gegenüber sagen will. Englisch können hier einige, die meisten aber leider grottenschlecht.

Wohnhaft bin ich in einer WG. Mit mir wohnen noch zwei Deutsche. Der eine ist Vegetarier und sieht auch so aus, der andere heißt auch Martin und sieht auch so aus. Sind beide voll OK, wobei mir der Vegetarier ab und zu schon richtig auf die Nerven gehen kann. Muss dann auch immer an Flo denken und die Geschichten mit seinem Zivikumpel Paul in Lübeck. Versorgen müssen wir uns selbst, aber es gibt hier einen Laden wo man all das gute frische Bio-Obst und Gemüse von der Farm für ein paar Cent kiloweise kaufen kann. Es ist einfach unglaublich wie Gemüse schmecken kann. Gurken schmecken hier richtig nach Gurke und die Tomaten schmecken nach Sonne und nicht nach Wasser. Deshalb esse ich hier auch nur Gemüse. Mittags esse ich auf der Kompostanlage zusammen mit den Arbeitern in einer „Kantine“. Dort ist das Essen einfach so lecker. Die verwenden Gewürze in Kombination, dass das Ganze einen komplett anderen Geschmack annimmt. Echt Orientalisch einfach. Einmal die Woche abends und auch Freitagnachmittag (ist nämlich mein einzig freier Tag) spiele ich mit ein paar Ägyptern immer Fußball. Alle hier sind echte Strassenkicker, die eine solch fiese Technik drauf haben, dass ich wendig wie ein LKW daher komme. Durch Ausdauer und faire Härte erobere ich aber schon hie und da mal den Ball und bolz ihn mit 200 ins nicht vorhandene Netz. Dann schauen die alle wieder recht dumm. Haha. Macht echt richtig Laune und bald gibt’s auch davon ein paar Fotos.

Manchmal fahre ich auch mit dem Taxi nach Belbeis, eine nahe gelegene Stadt mit ca. 250.000 Einwohnern. Taxis hier sind aber nicht die selben wie in Deutschland. Klar, ist ja auch Ägypten. Man sitzt einfach auf der Bordwand eines Pick-Ups und fährt halt dahinten mit teilweise 20 anderen Menschen mit 90 km/h Richtung Stadt. War anfangs auch gewöhnungsbedürftig, aber man gewöhnt sich hier so an einiges. Die Stadt ist im ganzen vorderen Orient für seinen florierenden Haschisch-, Opium-, Waffen- und „Wasweißichhandel“ berühmt. Die Deutschen hier auf der Farm sagen alle, fahr dort nicht hin, iss dort ja nichts und blablabla. Ich finde die Stadt aber einfach cool, da geht’s einfach mal ganz anders zu. Da fahren 4 Typen auf einem Motorrad mit 50 Sachen durch die Haupteinkaufsstrasse. Da hängen Kamelhälften direkt daneben, Unmengen an kleinen Gemüsehändlern, Schuhmacher, Schneider, Stoffhändler und alles was man sonst so hier braucht. Das Essen dort ist übrigens ausgezeichnet, natürlich kann man sich da auch ordentlich Durchfall hohlen und Co.. War auch erst vorgestern die ganze Nacht auf dem Topf, lag aber an einem ziemlich alten Guavensaft aus unserem Kühlschrank. Ist schon eher ein Junggesellenhaushalt hier.

Mei, was gibt’s sonst noch so? Ach ja, ich war ja bei meinem Kumpel Ahmed zu Hause vorletztes Wochenende. War dort einerseits recht anstrengend, andererseits aber auch sehr schön. Ich musste dort so viel essen, wie ich in meinem ganzen Leben zuvor noch nicht gegessen hatte innerhalb zweier Tage. Es gab dort alle möglichen Gerichte, angefangen bei in tausenderlei Gewürzen eingelegten Fisch bis hin zu gebratenen Kamelstückchen. Haben dann die Kuh seines Kumpels Mahmud vom Feld geholt, dabei durfte ich auch mal ein kleines Stück einen Esel reiten. Der war echt einfach zu reiten. War nur eine Schnur um Hals. Einmal mit dem Stock hinten ein kleiner Anstoß, schon marschierte der kleine Kamerad los. Wirklich ganz einfach zu lenken und handhaben so ein Esel. Überlege mir schon für die restliche Zeit einen anzuschaffen, jedoch ist es mit der Unterkunft nicht so ganz einfach. Wäre aber durchaus eine Alternative hier, anstatt mit dem Bus, Fahrrad, Traktor oder Auto zur Arbeit zu fahren. Ach ja, das eine Foto zeigt Ahmeds kleinen Bruder (9 Jahre) beim Tucktuck fahren. Der Vater hat ihn gütigerweise mal schnell so ca. 8 km auf der Schnellstraße mit 60ig heimfahren lassen. Weil der kleine ja so brav ist, gell!

Die anderen Bilder sind übrigens von der Kompostanlage. Abgefahren ist, das direkt neben der Kompostanlage die Wüste richtig anfängt. Da gibt es anfangs noch ein paar karge Pflanzen, aber damit ist schnell Schluss. Ab und zu kann man einen oder mehrer Beduinen auf Kamelen vorbei reiten sehen. Diese Zeitgenossen sind aber zu meiden laut der Leute hier, den sie sind maßgeblich daran beteiligt, dass es ausreichend Waffen und andere illegale Dinge zu kaufen gibt.

so, des war es jetzt mal. natürlich könnte ich noch mehr schreiben, aber dann werde ich und ihr ja gar nicht mehr fertig damit.

Viele Grüße





Update 07.05.09

bilder


Neuigkeiten aus Ägypten!

Jetzt durfte ich schon nach knapp 5 Wochen meinen ersten Besuch begrüßen hier in Ägypten. Meine liebe Resi hat mich nämlich besucht. Natürlich haben wir uns einige Sehenswürdigkeiten angeschaut, aber es gibt noch weitere spannende Erlebnisse von denen ich euch berichten will.

Die ersten drei Bilder zeigen den Vogel (wesen Namen ich nicht mehr weiß!), der hier am meisten vorkommt. Die hängen hier überall rum und picken alles was lecker schmeckt. Das zweite Bild zeigt die Wüste wie sie direkt hinter der Kompostanlage anfängt. Zum dritten Bild eine kurze Geschichte. War gestern mit dem Vegetarier in den hiesigen Gewächshäusern Kirschtomaten ernten. Dort war es für mich wie in einem kleinen Paradies. Überall die prallen saftigen Tomaten. Haben dann ca. 6kg davon geerntet und während dessen hab ich ungefähr noch mal 1,5kg verputzt. Bei diesem Angebot kann man einfach nicht verzagen.

Klar haben wir uns die Bieramyden angeschaut. Die haben sie extra für den einen Tag für einen besonderen Gast aus Bayern unbenannt. Das ist für mich echte Gastfreundschaft. Wenn mich mal Freunde aus Ägypten besuchen kommen, gibt’s auch Pier zum trinken. haha. Die anderen Bilder entstanden dann auf dem Basar in Kairo. Die Frau von meinem chilenischen Chef hat uns dort begleitet. War ziemlich gut, weil als dummer Tourist zahlt man halt einfach immer den doppelt bis fünffachen Preis, weil diese einem immer noch billig scheinen. Resi hat dann bei den Tüchern auch mal ordentlich zugegriffen, weil bei diesen Preisen war es schwer zu widerstehen.

Die Bilder mit den Kreuzen drauf sind stammen aus dem koptischen Viertel in Kairo. Dort waren die ganzen Gebäude auch recht sehenswert. Zum Abschluss unserer zwei Tage in und um Kairo sind wir dann noch auf eine Anhöhe gefahren. Dort waren wir in einem Restaurant das seit ca. 1975 nicht mehr verändert wurde. Leider war es innen zu dunkel ansonsten hätte es echt interessante Bilder gegeben. Aber mit den Impressionen von außen lässt es sich recht gut vorstellen, wie es innen ausgesehen hat.

Das Bild von der Straße soll euch ein bisschen die Verkehrssituation in Kairo oder Ägypten darstellen. Immer Stau, und wenn die Gegenfahrbahn frei ist nimmt man halt diese, ist ja wurscht. Auch ne Straße. Auf dem Weg zum Flughafen in der Nacht, ist uns dann auf der “Autobahn“ in einer Kurve bei ca. 120 km/h ein Auto entgegen gekommen. Da rutscht einem als Europäer mehr als nur das Herz in die Hose. Der Fahrer hatte aber nicht mal einen Bruchteil einer Sekunde überlegt, ob er auf die Bremse steigen soll.

Der Rest der Aufnahmen entstand dann in der nahe gelegenen Stadt Belbeis (siehe Eintragung davor).

Zu meiner Tätigkeit hier gibt’s nicht allzu viel Neues. Außer das ich jetzt schon in mehreren anderen Projekten bezüglich Emissionsberechnung und ähnlichem involviert bin. Es macht nach wie vor recht Spaß, aber die Mentalität ist immer noch jeden Tag etwas Neues.

Liebe Grüße






Update 26.05.09

tauben



Tauben

Hier in Ägypten ist es nicht nur üblich Tauben zu verspeisen, es ist gilt vielmehr als Delikatesse und nicht jeder kann sich so etwas Luxuriöses leisten. Bis lang hatte ich zweimal Taube gegessen und ich muss zugeben, die kleinen Geschöpfe - welche bei uns abwertend als „fliegende Ratten“ bezeichnet werden - sind wirklich vorzüglich. Das Fleisch schmeckt ähnlich wie Hühnchen, ist aber viel zarter und geschmackvoller. In den meisten Fällen werden die Knochen entfernt und als quasi Roulade mit Dillreis gefüllt. Auf diese Zubereitungsart durfte ich die Tauben bei einem muslimischen Fest bei uns auf der Farm essen. Viele braten auch diese einfach auf einem Grill. Viel ist ja nicht dran an so einer Taube, deshalb ist der Ihab (heimlicher Taubendealer) auch 20 Stück wenn er sie auf den Grill haut (sagt er!). Als ich heraus fand, dass es hier auf der Farm auch super Bio-Demeter-Tauben zu kaufen gibt, natürlich nur unter Spezln und hinter verschlossenen Türen, dachte ich mir die muss ich alter Hobbykoch auch mal zubereiten. Kurzer Hand orderte ich 6 Stück. Ich ging nach den Verhandlungsgesprächen über die Bestellung (ca. 4/5 arabisch und 1/5 Englisch) davon aus, dass ich die Tauben in küchenfertiger Form überreicht bekomme.

Vorgestern also wurde ich zu Ihab bestellt und dieser führte mich zu den Tauben. Ich freute mich schon richtig drauf, da ich schon das fertige Festessen vor Augen hatte. Taube in Zitronen-Thymian-Butter-Soße, gebratene Kartoffeln und dazu gemischtes Gemüse. Als ich dann hinter der Ecke einen Käfig mit noch lebenden Tauben vorfand war ich zugegebenermaßen sehr überrascht und meine Tagträumereien waren im nu weg. Ihab war natürlich ganz verwundert drüber, dass ich so verwundert war. Tja, solche Situationen sind mir wegen meinem bisschen bis gar keinem Arabisch schon öfter vorgekommen, aber in dieser Situation ärgerte ich mich vielleicht am meisten.

Wer mich kennt, weiß dass ich kein Problem hab solch eine Taube zu töten, vor allem wenn diese ein solch glückliches Bio-Demeter-Leben hinter sich hatte. Wäre quasi und ist eine echte Ehre und Aufwertung für die Taube auf meinem Teller zu landen würde ich sagen. Gut, er hat sie dann doch für mich umgebracht, aber rupfen und zerlegen musste ich sie schon selbst. Also nix wie nach Hause mit einem Karton wo 4 tote Tauben drinnen lagen und Wasser auf den Herd (Ich entschied mich kurzerhand auf 4 Tauben, da ich keine Ahnung hatte wie aufwendig es ist sie zu verarbeiten.). Gott sei dank war mein vegetarischer Mitbewohner sich auf unserem Dach sonnen als ich zu Hause eintraf. Ich wusste nämlich nicht wie er darauf reagieren würde, wenn ich Tauben in unserer Küche zubereite. Er war aber dann später sogar so freundlich, Fotos von der ganzen Aktion zu machen. Ich muss zugeben, dass meiste was mich gestört hat war der Geruch, den dieser hat sich schon ein bisschen in der Küche festgesetzt. Ich rechnete auch nicht damit, dass ich für diese 4 Täubchen 2 Stunden brauchen würde bis diese küchenfertig hergerichtet sind. Bei unserer niedrigen Arbeitsfläche (ca. 80 – 85 cm) könnt ihr euch vorstellen was mein Kreuz dazu gesagt hat.

Bevor ich dieses Kapitel Taube jetzt schließe, möchte ich noch hinzufügen, dass das Resultat wirklich außerordentlich gut war. Und deshalb hat sich mein nichtvegetarischer Mitbewohner dazu bereit erklärt, dass nächste mal beim rupfen behilflich zu sein.


Viele Grüße aus dem mittlerweile recht heißen Ägypten